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Der Erste Tag im Neuen Land

"This Visa is illegal!" sagte uns der Zollbeamte am Flughafen in Sydney. Da fällt einem das Herz in die Hose und kalter Schweiß bricht aus! Was war denn jetzt los? Aus der Traum vom Auswandern, oder irgendein Drama mit einem allmächtigen Beamten der Einwanderungsbehörde? Und das nach über 12 Stunden Flugzeit seit dem letzten Stop? Das war ja wohl das Letzte was wir jetzt noch brauchten! Im April 1989 sind wir das erste Mal in Australien gewesen, ganz normal als Touristen für drei Monate. Wir hatten ziemlich Pech mit dem Wetter gehabt, ganze 2 Monate regnete es! Wir waren damals mit einem kleinen Toyota Corolla unterwegs (wenn nicht gerade etwas daran zu reparieren war) und übernachteten in einem kleinen Zelt. Kalt, naß und so richtig unangenehm war das. Eine große Plastikplane über das Zelt gespannt, einen Graben um das Zelt gezogen damit das Wasser ablaufen konnte, immer mit einem Blick nach oben, so daß man nicht von einer Kokosnuß erschlagen wird. So stellt man sich Australien ja nicht gerade vor. Also kamen wir 1991 noch einmal, dieses Mal erlebten wir eine Hitzewelle, 53 Grad im Schatten war das Maximum. Dabei waren wir dank salzloser Küche fast 2 Wochen lang krank. Bei den Temperaturen braucht man eben andere Ernährung. Trotz der Hitze, welch ein Europäer bleibt denn im Schatten wenn schon mal die Sonne scheint.... So fragte ich den Zöllner nun mit meiner besten Unschuldsmiene:' Why? What seems to be the problem?' ``One moment, please' sagt der Zollbeamte und verschwindet mit unseren Pässen und dem hart erkämpften Permanent Resident Visa. Einige bange Minuten später kam er zurück, sagte: ' no worries, mate', und erklärte, daß unser Touristenvisum noch gültig war, und das gehe nicht wenn man einwandere. Jetzt sei alles o.K. "and welcome to Australia!". Endlich! Sydney, Australien! Nach fast 2 harten Jahren Papierkrieg mit der Australischen Botschaft, im schlimmsten Beamtenenglisch natürlich, hatten wir es geschafft. Irgendwie hatten wir es gewußt, daß wir einmal eines Tages hier stehen würden, und das ohne ein Rückflugticket. Nicht mehr als Touristen, die zurück reisen müssen, zurück in das unfreundliche Wetter in Europa, zurück an die Arbeit. Nur Regenschirme und unfreundliche Gesichter, überall Gesetze und Vorschriften. Weder Sonne noch Freiheit gab es in der Alten Welt. (Denkt man jedenfalls, wenn man als junger Tourist in Australien ist). Doch jetzt waren wir hier, mit drei Taschen, Traveller Checks und sonst hatten wir fast keine Pläne. Zuerst einmal absitzen und eine Zigarette rauchen, meine Freundin jedenfalls, ich hatte es vor 2 Jahren in Perth aufgegeben. Es war noch früh morgens, irgendwann heute sollten wir zu Bruno, um unser Auto abzuholen. Das hatten wir schon in der Schweiz organisiert und wir hatten auch keine Lust länger als nötig in Sydney zu bleiben. Schon gar nicht im Kings Cross, ein Rotlichtviertel und billiges Touristenquartier. Das Letzte Mal wollten wir dort in dasselbe Backpackerhostel (Jugendherberge) gehen in dem wir schon einmal wohnten, aber das war ein paar Tage vorher abgebrannt, sechs Tote hatte es gegeben. Pech gehabt. Also suchten wir den Bus der uns nach Circular Quai unten am Hafen brachte. Das war dort wo man das Opernhaus so gut sehen konnte. Die Aussicht erinnerte mich jedesmal an ein Foto das wir vor 6 Jahren in einem Reisebüro gesehen hatten. Damals faßte ich den Entschluß eines Tages in Australien zu leben, und meine Freundin stimmte mir zu. Fast unglaublich, daß wir es nun geschafft hatten. Am Circular Quai mußten wir warten, denn die Fähre nach Manly, das auf der anderen Seite der Flussmündung liegt, fuhr erst in einer halben Stunde. Es gab immer Strassenmusikanten um den Circular Quai, auch Aboriginals welche sich etwas verdienen wollten indem sie Didgeridoo spielten, ein traditionelles Holzblasinstrument der Ureinwohner. Und die Sonne heizte auch schon tüchtig ein obwohl es erst Frühling war. Sydney ist eine große Stadt, vor allem wenn man zu Fuß mit Gepäck und öffentlichen Transportmitteln unterwegs ist. Die ungewohnte Hitze machte uns sehr zu schaffen. Nach einigen Wochen werde das Blut dünner und man ertrage die Hitze besser, hatten wir mal gehört. Doch das half uns wenig im Moment. Gegen Mittag erreichten wir Brookvale, ein Stadtteil im Norden Sydneys. Es gab ein herzliches Willkommen von Bruno, Chris und Renate. Wir kannten das Team vom Travel Car Center (TCC) schon seit einigen Jahren. Auch Sie wußten vom Kampf damit man einzuwandern konnte, doch früher war es um etliches einfacher. Jetzt betrieben sie eine größere Autoverleih Firma. Vor allem an Touristen, Backpackers und andere Travellers verkauften sie Autos mit Rückkaufgarantie. Das war wohl steuertechnisch einfacher als sie nur zu vermieten. Wir hatten einen Ford Falcon Stationwagon bestellt. Einen Kombi, wie man in Europa sagen würde. Jahrgang 85, das war ein ziemlich neues Auto für uns. Ich wollte eigentlich etwas älteres, weil es einfacher zum reparieren gewesen wäre, Autos hielten hier gut 20 Jahre. Wenn man so einige hundert Kilometer von der nächsten Werkstatt entfernt war, wäre ich froh wenn die Technik noch verständlich gewesen wäre und ohne Spezialwerkzeug zu reparieren war. Aber ich hatte schon vorher gute Autos von Bruno gehabt, und auch dieses würde die nächsten 10-20000 km wohl kaum Probleme machen, hoffentlich. Zuerst einmal wollten wir beim nächsten Take-Away Shop etwas essen gehen. Solche Fast Food Geschäfte waren überall auf diesem Kontinent zu finden. Über die Qualität des Essens ließ sich streiten, meistens war alles etwas fettig zubereitet. Meat Pies waren typisch für Australien, dies war ein Törtchen in das Hackfleisch eingebacken war. Sie wurden auch schon als Rat-Pack bezeichnet, wegen der zweifelhaften Herkunft des Hackfleisches. Aber auch Toast Brot, in dem Spaghetti in der Mitte zu finden war wurde gegessen. Spaghetti-Sandwich eben, die Spaghetti kamen aus der Dose, natürlich. Danach mußten wir auf die Motor Registry um das Auto auf unseren Namen umzuschreiben. Das ging alles ganz einfach, eigentlich hätte man ja eine Adresse haben sollen, wegen den Rechnungen und Bussen. Mangels eigener Adresse gab ich die Adresse von Chris an, man mußte den Leuten ja nicht alles auf die Nase binden. Darauf wollten wir noch den TCS-Ausweis beim NRMA eintauschen. Der NRMA war die Australische Version eines Automobilclubs. In diesen Büros gab es auch gratis Landkarten, was wirklich praktisch war in einem so großen Land. Die Autos waren bei der Anmeldung automatisch haftpflichtversichert, aber nur gegen Personenschäden, nicht aber gegen Sachschäden. Da mußte man selber eine 'Third Party Property Insurance' abschließen. Das machte man bei einer Versicherungsgesellschaft, wobei die NIB eine der billigsten war, dies kostete etwa 100$ pro Jahr. Wenn man diese Versicherung nicht hatte, bezahlte man Sachschäden bei einem Unfall aus eigener Kasse. Oder man ging vor Gericht und verpflichtete sich die nächsten 20 Jahre oder wie lange auch immer nötig, pro Woche etwa 10.- Dollar an den Geschädigten zu zahlen. Es ist nicht gerade fair für den Geschädigten, aber wenn man Geld für ein teures Auto hat, soll man es auch selber entsprechend versichern. Jedenfalls war es besser als dieser Versicherungszwang in der Schweiz. Aber auch wir hatten eine Vollkasko Versicherung abgeschlossen, Fully Comprehensive Insurance nannte sich so was und kostete damals um die 800 Dollar pro Jahr. Innerhalb von drei Monaten mußten wir auch noch den Australischen Führerausweis erwerben, das wurde uns auch erst hier gesagt. Doch das Wichtigste war nun noch das Tradesman-Certificate, das dem Schweizerischen Berufs-Fähigkeitsausweis entsprach. Die Papiere dafür hatte ich in der Schweiz von der Australischen Botschaft erhalten. Das System hier kannte offensichtlich keine Elektromechaniker, so war ich jetzt ein Electrical Fitter, was das auch immer sein mochte. Nun sollte ich aber noch diese Behörde finden um die entsprechenden Dokumente zu unterzeichnen. Natürlich hatte ich weder eine Adresse noch eine Telefonnummer von diesem Amt. Das konnte ja lustig werden. Das Auto hatten wir auch schon Probegefahren, wieder im Linksverkehr, es ging eine Weile bis man sich daran gewöhnte. Und auch dann gibt es immer wieder Momente der Unsicherheit. Die Australier waren jedoch sehr freundlich, sie hupten und gestikulierten wie wild wenn man ihnen auf der falschen Spur entgegenkam. Das Erste Mal als wir in Sydney waren, fuhren wir aus Furcht vor dem Linksverkehr morgens um 4 Uhr durch die Stadt. Aber nun waren wir etwas mutiger und fuhren zuerst einmal Richtung Norden, aus der Stadt um etwas zu essen einzukaufen und um einen Campingplatz zu suchen. Wir würden wohl noch ein paar Tage in Sydney bleiben und hatten keine Eile, wir waren ja jetzt da wo wir sein wollten, in Australien.