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Endlich in Coober Pedy

Im Mai 1994 kam auch ich dann endlich in Coober Pedy an. Ob ich hierhin kam nur weil ich jemanden kannte oder ich einfach etwas extremes machen wollte weiß ich selber nicht. Für mich hatte sich vor drei Wochen in Queensland mein Leben verändert und unterwegs hatte ich sehr viel Zeit (zum Teil auch keine andere Wahl) alleine zu sein und nachzudenken. Aber ich glaube nun, einige Jahre später, daß es nur zwei wirklich sichere Dinge gibt auf der Welt, nämlich den Tod und die Steuerrechnung. Auf alles gefaßt zu sein und eine gewisse Gleichgültigkeit zu haben ist seitdem mein Rezept. Man lebt nur einmal, und deswegen muß man tun was man kann und will, solange man es kann und später nicht bereut. Zuerst ging ich mal zu Rudi, ein Deutscher der seit ein paar Jahren seinen eigenen Campingplatz aufbaut. Der ist einige Kilometer südlich der eigentlichen Ortschaft, Richtung William Creek. Er nennt sein Projekt "The Camel Mine". Der Name kommt von den zwei Kamelen die er einmal besaß. Doch die wurden ihm eines Nachts erschossen, harte Vergeltung ist nichts ungewöhnliches hier, aber es muß ein wichtiger Grund dafür vorliegen, wie z.B. jemandem Opal stehlen oder die Frau ausspannen. Wir waren schon früher bei ihm zu Gast und fanden es sehr gemütlich dort. Ich habe Rudi erzählt, daß ich längere Zeit in CP bleiben will. Er sagte mir darauf, daß ich in diesem Fall nur 8 Tage bei ihm bleiben könne. Er habe genug davon, daß Leute wochenlang bei ihm hausen. Und an der Einfahrt hat er nun ein Schild aufgehängt: "NO LOCALS". D.h. es sind keine Einwohner von Coober Pedy erwünscht! Ich lernte es dann später selber, wie die Einheimischen feiern können. Und so Partys bis in die Morgenstunden sind auf Campingplätzen doch selten erwünscht. Ich habe dann doch mein Zelt aufgestellt und bin danach in die Stadt gefahren um Chris zu besuchen. Wir haben Chris 1989 auf einem der Opalfelder getroffen als wir von Hand Opal suchten. Er fuhr einen kleinen Bagger mit dem er Abraum in seine Maschine lud. Da Opal von Coober Pedy unter Ultraviolett Licht leuchtet, baute man sogenannte Noodling-Maschinen welche den Abraum aus den Minen sieben und dann auf einem Förderband durch eine Dunkelkammer laufen lassen worin einige UV Lampen leuchten (so blaues Licht wie in einer Disco). Dort sitzt man dann und sortiert den Opal aus dem restlichen Gestein heraus. Damals hatte das noch gut rentiert, denn durchschnittlich 10% von den Funden im Untergrund werden übersehen und es gab noch nicht sehr viele solche Maschinen. Jedenfalls war er sehr freundlich und gab uns Tips wo wir am besten Opal suchen gehen. Bei Chris und seiner Frau Anne habe ich dann nochmals meine ganze Story erzählt und daß ich eigentlich in Coober Pedy bleiben möchte. Darauf meinte er, daß ich möglicherweise bei seinem Cousin John wohnen könnte. Er sei zwar etwas ein wilder Typ, aber sonst eigentlich ganz o.k. Das tönte abenteuerlich, "etwas wild - aber ganz ok. .."Kurz darauf gingen wir dann zu Johnno, der alleine in einem Haus lebte. Er hatte ein Zimmer frei und nichts dagegen das Haus und die Miete mit mir zu teilen. Für 40$ die Woche war mir das auch ganz recht. Auch wenn man so ein Haus in Europa eigentlich als eine Bruchbude bezeichnen würde. Sowieso, unter "Haus" kann man sich hier nie dasselbe vorstellen wie in der Schweiz. Jedenfalls sind die Häuser im Outback selten allzu solide gebaut, aber es reicht zum leben. Die Küche ist kombiniert mit dem Wohnraum in der Mitte, zwei Zimmer auf der einen Seite und Dusche/WC auf der anderen. Es war etwas eng für zwei Personen aber wir kamen trotzdem gut zusammen aus. Und bei dem schönen Wetter verbringt man sowieso nicht sehr viel Zeit im Haus. Ich merkte bald, daß das Pub sowieso wie ein zweites Wohnzimmer für die meisten Leute war. Johnno war gerade dabei, Whisky-Cola zu trinken und fragte, ob ich auch einen wolle. Das konnte ich meinem zukünftigen Wohngenossen schlecht abschlagen. So mußte ich meinen "Lebenslauf" gleich nochmals erzählen. Er meinte dazu, daß ich nur einer von vielen sei die wegen einer solchen Geschichte in Coober Pedy gestrandet sind. Johnno hatte auch viele Geschichten zu erzählen, aber er sei vor allem wegen des Opals hierher gekommen. Johnno hatte aber vor einiger Zeit einem Unfall gehabt, ein Teil der Decke der Mine ist dabei auf sein Bein gefallen. Sein Partner, Taje (Teitsch, ausgesprochen), hat Johnno dann aus seiner Lage befreit und in das Spital gebracht. Das Bein wurde aber falsch gegipst und wuchs nicht gut zusammen. Aber die Ärzte haben ja wichtigeres zu tun, da ein Hinkebein ja nicht so schlimm sei. Also kam er schon vor einigen Wochen auf eine Warteliste um sein Bein eines Tages zu reparieren, lange Wartezeiten sind ein offensichtlicher Nachteil staatlicher Unfallversicherungen. Als wir die Flasche Whisky leer hatten, meinte Johnno, wir könnten ja noch ins Pub, heute Freitag sei dort Disco. Ich war vor Jahren schon einmal dort, eine richtige Räuberhöhle sei das, dachte ich damals. Doch jetzt freute ich mich und mit Johnno würde ich auch gleich viele Leute kennenlernen. Wegen seinem Gibsbein lieh ihm sein Kumpel Yago seinen großen V8 Holden Statesman. Dieses Auto hatte ganz schön Power, mit fast 100km/h fuhren wir die Hauptrasse durch CP zum Pub. Dort war natürlich schon die Happy Hour im Gange, alle Getränke zum halben Preis! Johnno kannte fast alle Anwesenden, und stellte mich gleich als seinen Mitbewohner vor. Seit diesem Abend konnte ich jederzeit ins Pub, die Leute kannten mich und ich kannte sie. Ein Schritt näher zu einem neuen Zuhause! Jedenfalls blieb ich schon die Erste Nacht dort, die Whisky-Colas von Johnno wollten mich nicht mehr fahren lassen. Abgesehen davon fühlte ich mich nicht mehr wie ein Fremder und Reisender sondern hatte auch endlich wieder ein Zuhause. Johnno hatte auch viele gute Geschichten zu erzählen, vor allem als sein Bruder Morris aus Adelaide vorbeikam. Ursprünglich kam seine ganze Familie von Holland, und als er dorthin zurück in die Ferien wollte, mußte er gleich in die Armee. Irgendwie kam er später auch im Libanon in den Krieg, aber wie alle Kriegsveteranen sprach er wenig über diese Zeit. Auch habe er in Deutschland mit einem Panzer Schnapsflaschen im Geschützrohr über die Grenze geschmuggelt. Es kam mir alles so vor wie wenn sich zwei Fischer unterhalten über die Größe eines Fisches, er wächst immer mehr im Laufe des Gespräches. Jahre später in Darwin war er Teilhaber an einem Nachtclub/Pub, und lebte mit 6 Frauen zusammen. Das konnte er sogar mit Fotos belegen. Und sein Hund dort war ein Alkoholiker, jeden Tag sei er ins Pub, dort gab ihm der Bartender ein Flasche Bier in seine Schüssel und Ende Monat bekam Johnno eine Rechnung, sicher..... Aber viel erlebt hat Johnno schon, das ist klar, auch wenn er es etwas übermäßig ausschmückt bei seinen Erzählungen. Jedenfalls wurde es mir selten langweilig bei ihm. Mit dem Gibsbein konnte Johnno natürlich nicht mehr arbeiten, und trank viel Whisky um die Zeit tot zu schlagen. Es gibt in CP wirklich wenig zu tun wenn man nicht Opal sucht oder einen Dugout baut. Da Johnno etwa 13 Jahre älter war weder ich, bevorzugte er auch in Sachen Musik etwas älteres. Vor allem so richtige Schnulzen aus der Rock´n´Roll Ära. Auf Dauer war das schlecht auszuhalten für mich, Fernsehen war auch nicht interessant, nur zwei Sender und das auf einem Schwarz/Weiß Fernseher mit verschneitem Bild.