www.opal-shop.com

Die Erste Woche

Wir hatten die Erste Nacht recht gut geschlafen, wenn auch etwas unruhig. Wir waren auf dem selben Zeltplatz wie schon vor drei Jahren. Damals sind wir spät angekommen und früh abgefahren. Da das Büro um vier Uhr morgens noch geschlossen war, konnten wir leider nicht zahlen. Wenigstens hatte sich diesmal keiner an uns erinnert. Trotz der Freude es geschafft zu haben und endlich hier zu sein, ist es eben doch eine tiefgehende Umstellung die Heimat zu verlassen. Der Schweizer in mir war eben an eine irgendwie gesicherte Zukunft gewohnt, unsichere und größere Veränderungen liegen dem Schweizer wohl generell nicht besonders. Man macht sich doch immer irgendwie Sorgen, was ist, wenn man den Job verliert, die Gesundheit sich verschlechtert usw. Und genau diese Schweizer Mentalität mußte sich jetzt eben umgewöhnen. Daß die Australier die meisten Sachen etwas leichter sehen und angehen, war ja auch ein Grund hierher zu kommen. Aber selber so zu werden geht nicht von einem Tag auf den anderen. Wir waren ja keine Touristen mehr, und wollten sicher nicht wieder zurück. Der Countdown lief, früher oder später mußte auch hier ein Einkommen her. All so Sachen und Sorgen gehen einem früh morgens durch den Kopf, dann ist es besser, wenn man aufsteht und sich eine Tasse Kaffee zubereitet. Nach dem Frühstück lernten wir dann auch die Effizienz des Australischen Telefonauskunftsdienstes kennen. Nach etwa 6 Gesprächen hatte ich endlich die Nummer des Amtes das mir das Tradesman Certificate as Elecrical Fitter geben sollte. Den Namen des Amtes erhielt ich von der Australischen Botschaft in der Schweiz. Aber die Adresse wußten die auch nicht. Und hier wollte niemand etwas von so einem Amt gehört haben. Also mußte ich einfach immer wieder anrufen, bis ich die richtige Person dran hatte, welche sich auch die Mühe gab, den Computer richtig zu bedienen. Auch wenn man meint die Englische Sprache zu beherrschen, sich am Telefon durchzusetzen, war nicht immer einfach. Daß dieses Amt auch noch an eine andere Adresse gezogen war, konnte ja niemand wissen. Adressänderungen waren nicht allzu wichtig in Australien und eine Meldepflicht wie wir es kennen bestand ja auch nicht. Am nächsten Abend waren wir bei Bruno zu einem BBQ (Barbie, Barbeque) eingeladen. Auf gut Deutsch einfach um einen Grill herumsitzen, etwas Fleisch braten und Bier trinken. Sehr Australisch. Das Wetter war meistens ja auch einladend und wie es häufig so ging waren auch einige Nachbarn gleich mit dabei. So konnten sie sich nicht vom Lärm gestört fühlen, das war doch eine recht geniale Lösung. (Es half natürlich, wenn die Nachbarn auch gerne Bier tranken.) Da merkten wir erst wie schlecht unser Englisch war, trotz dem First Certificate war es eher unangepaßt an diesen Slang. Umgangssprache und Schulenglisch, d.h. "richtiges" Englisch sind zwei verschiedene Dinge, vor allem in Australien. Aber bei ein paar Bier klappte die Verständigung schnell. Aber besser nicht zuviel Bier trinken wenn man noch fahren mußte, 0.5 Promille war das Limit und die Polizei war ganz scharf auf Drink Drivers. Am Tag darauf gingen wir auf das Taxation Office, die Steuerverwaltung, auch ATO genannt. Uns wurde gesagt, daß wir eine Tax File Number haben sollten. Diese mußte man bei einem Arbeitgeber angeben und darauf wurden dann alle Abgaben bezahlt, Steuern, Krankenkasse etc. wurden vom Arbeitgeber bereits vom Einkommen abgezogen und auf diese Nummer eingezahlt. Dies war sehr praktisch, vor allem wenn man die Stelle wechselte. Und das konnte schnell gehen, denn die Kündigungsfrist betrug manchmal 24 Std. oder eine Woche. Beim nächsten Arbeitgeber gab man dann einfach seine TFN an, und dann kam alles von den Steuern, über die Altersvorsorge (Pension) bis zur Krankenversicherung an die rechten Ämter. Hatte man keine solche Nummer, dann mußte der Arbeitgeber die Hälfte des Lohnes an die Steuer zahlen (theoretisch), wenn er jemanden legal anstellen wollte. Mit der TFN gingen etwa 20% des Lohnes an die Steuer. Danach gingen wir noch in ein Medicare Office, dies war die allgemeine Krankenversicherung in Australien. Dort gab man uns eine Karte, die man bei Bedarf dem Arzt zeigen mußte und dann zahle man nur einige Dollar Pauschalkosten. Ich erkundigte mich, was denn an weiteren Kosten anfalle? " "Nothing, that's all." war die Antwort. Und wenn man nicht Arbeite, so mache das auch keinen Unterschied. Denn wenn man vom Arbeitslosengeld lebe, seien Arztbesuche ganz kostenlos. Andere Länder, andere Sitten. Das hat sich in den 10 folgenden Jahren etwas geändert, 2-3 Stunden beim Arzt zu warten war normal geworden. Etwas Geld muß man dann häufig selber zahlen und kriegte es von der Versicherung zurück. Und man konnte natürlich auch 50 Dollar zahlen um etwas schneller dran zu kommen bei gewissen Arztpraxen. Auch dieses komische Amt für mein Tradesman Certificate hatten wir schlußendlich ausfindig gemacht und einen Termin vereinbart. Zum Frühstück hatte ich damals einen halben Camembert und eine halbe Ananas gegessen. Als wir dann auf der Fähre waren und das Meer etwas unruhig die Fähre auf und nieder bewegte, vertrugen sich die beiden Sachen wohl nicht in meinem Magen. Und was drin war, das wollte nun raus. So verbrachte ich die meiste Zeit auf der Toilette, das waren lange 20 Minuten. Aber auch wieder auf dem festen Boden, ging es mir nicht viel besser. Ich war ziemlich grün im Gesicht als ich dann auf dem Amt mit dem Beamten sprach. Und dazu mußte ich alle 10 Minuten aufs Klo. Das hatte das ganze Interview erheblich abgekürzt und das war mir auch recht. Aber gewisse Sachen aß ich in der Zukunft sicher nicht mehr zum Frühstück. Im Laufe der paar Tage in Sydney hatten wir das Auto reisefertig gemacht, der Plan war, nicht mehr als 100 Kilometer pro Tag zu reisen. In einigen Monaten erst sollten wir in Perth sein, und dort die Eltern meiner Freundin treffen. Beim packen sahen wir aber, daß wir irgendwie zuviel eingekauft hatten. Einfach zuviel Zeugs für die Küche, aber das brauchten wir eben schon. Es paßte wohl alles in das Auto, doch da wir auch darin schlafen wollten, hätten wir es jeden Abend ausräumen müssen. Vor allem wenn es regnete wäre das recht unpraktisch gewesen. Also entschlossen wir uns, einen Trailer (Anhänger) zu besorgen. So 6 mal 8 Feet war eine gute Größe gewesen. (Obwohl vor fast 30 Jahren von den englischen Massen zum metrischen System umgestiegen, haben sich viele Aussies noch nicht daran gewöhnt. Wenigstens können sie so keine Witze machen über uns langsame Berner machen!) Aber so einen guten gebrauchten Trailer zu finden, strengte an, Sydney ist groß, und die Beschreibungen am Telefon waren nicht sehr gut. So fanden wir erst nach 3 Tagen was wir suchten. Nach jenen Irrfahrten durch die Stadt natürlich. Eigentlich war es ein Schrotthaufen auf Rädern und kostete doch noch 300 Dollar, so etwas wäre in der Schweiz im Alteisen gelandet! Doch solange das Ding nicht gerade auseinanderfiel, was soll's? Auch hatten wir noch für 80.- Dollar einen Kühlschrank gekauft. Jetzt mit dem Anhänger hatten wir ja Platz genug. Den Kauf vom Kühlschrank hätte ich aber sein lassen sollen, der Gasbrenner war defekt wie ich erst lange später herausfand, nach stundenlangen Versuchen das Ding zu reparieren weil die Flamme immer ausging. Laut Verkäufer war das Ding tadellos, aber auch in Australien gab es gute Verkäufer, resp. gutgläubige Kunden. Nun waren wir bereit, auf in den Norden, Richtung Sonne und Wärme!